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Aber das, was jetzt im Buch steht, das ist doch nur für selber ausgedachte Abenteuer! Was mache ich denn mit Kaufabenteuern?
Kaufabenteuer (und genauso natürlich Download-Abenteuer, Szenarien in Fanzines usw.) sind Ideen für Rollenspiel-Runden, die von anderen Leuten geschrieben wurden und die man für die eigene Gruppe verwenden kann. Nur in den seltensten Fällen wird man diese Abenteuer genau so, wie der Autor sich das gedacht hat, übernehmen: Die SC sind dem Autor nicht bekannt, und auch die Spielwelt der Gruppe wird sich natürlich in gewissen Punkten von der des Autors unterscheiden. Dazu kommt noch, dass es sich bei dem Abenteuertext um Ideen einer fremden Person handelt, in die man sich als Spielleiter einfinden muss. Manche Ideen sind ungewohnt und fühlen sich nicht richtig an, andere passen besser.
Daher kommt kein Spielleiter darum herum, sich das Kaufabenteuer zu eigen zu machen. Die SLC wollen vorbereitet werden, genau wie die Orte. Als SL muss man das Abenteuer so gut kennenlernen, dass man keine Angst hat, die Ideen durch Improvisation zu zerstören. Oft sind in Kaufabenteuern nicht nur Situationen, sondern auch Handlungsstränge mit vorgegebenen Ausgängen angegeben. Wer sich eng an diese Vorgaben hält, wird eventuell das Gefühl von Gängelei bei den Spielern auslösen. Ist es für das Spiel wichtig, dass die Spieler eine vorgegebene Geschichte nachspielen, so sollte der SL hier mit offenen Karten spielen und die Spieler darauf vorbereiten, dass sie in ihren Entscheidungen nicht frei sind.
Wegen der individuellen Vorbereitung sind fast alle vorgestellten Techniken auch für Kaufabenteuer nützlich. Im folgenden gehe ich auf die wichtigsten Abschnitte kurz ein:
- Die Spielgruppe: Kennt der SL seine Spieler, kann er besser entscheiden, wie geeignet ein Kaufabenteuer ist und kann die vorkommenden SLC besser auf die Bedürfnisse seiner Gruppe anpassen. Hier müssen insbesondere die Spielertypen und die Flaggen hervorgehoben werden.
- Improvisation: Gerade in Kaufabenteuern brechen die Spieler leicht aus dem vorgeschlagenen Rahmen aus, so dass Improvisation nötig wird. Darüberhinaus ist das Wissen um Routinen, Plattformen und Versprechen interessant, um eventuell den dramatischen Aufbau eines Kaufabenteuers zu verbessern. Meiner Erfahrung nach ist auch der Abschnitt „Szenenspiel“ nützlich, um sich nicht endlos an Kleinigkeiten aufzuhalten.
- Vorbereitung: Beziehungskarten und Konfliktnetze sind bei Kaufabenteuern nützliche Werkzeuge, um Übersicht in die SLC zu bekommen. Hier sieht man leicht, wie die SC in das Geschehen eingebunden werden können. Genauso ist die im Buch vorgeschlagene Vorbereitung der einzelnen SLC nützlich: Welches sind Haupt- und welches Nebenrollen? Was sind die Motive? Wie unterscheiden sich die SLC? Welche Flaggen sprechen sie an? Kann man vielleicht noch ein Dilemma konstruieren, in das die SC verwickelt werden?
- Weitere Spieltechniken: Auch diese können praktisch uneingeschränkt für Kaufabenteuer verwendet werden. Angefangen bei der Darstellung von Charakteren über das Legen von Spuren bis hin zu den situationsabhängigen Entscheidungen dürfte alles nützlich angewendet werden können. Und die am Ende beschriebenen möglichen Probleme unterscheiden sich nicht von selber ausgedachten Abenteuern.
Zusammenfassend kann man sagen: Kaufabenteuer sollten immer für die Gruppe vorbereitet und angepasst werden. Solange es nicht wichtig ist, dass die vorgegebene Geschichte nachgespielt wird, kann jeder Spielleiter beliebig weit vom Abenteuer abweichen. Denn die Spieler kennen das Abenteuer nicht, sie werden also nicht sagen: „Aber hier hast du geschummelt, weil du von der Vorgabe abgewichen bist.“ Letztendlich hätte sich der Spielleiter ja auch ein komplett eigenes Abenteuer ausdenken können!
Und gibt es bei Kaufabenteuern gar nichts Spezielles zu beachten?
Eigentlich nicht. In der Hauptsache müssen sich alle am Spieltisch bewusst sein, dass es um ihr eigenens Abenteuer geht, nicht um das Abenteuer eines Autors. Das bedeutet vor allem das, was ich oben schon beschrieben habe: Der Spielleiter darf nicht den Abenteuertext als Gesetz sehen, sondern muss den Abenteuertext aufgreifen und in das eigene Spiel einflechten. Und auch die Spieler dürfen nicht erwarten, dass sie dasselbe Abenteuer erleben werden, von dem sie vielleicht schon woanders gehört haben.
Das Einflechten ins eigene Spiel kann bei längeren Kampagnen beispielsweise dadurch geschehen, dass der Spielleiter schon benutzte SLC in das Geschehen einbaut. Dazu sollte er sich folgene Frage stellen: Gibt es Rollen im vorgefertigten Abenteuer, die genauso von bereits bekannten SLC ausgefüllt werden könnten? Diese Charaktere können dann einfach ersetzt werden.
Letztendlich bedeutet das, dass ein Spielabend mit einem Kaufabenteuer mehr Vorbereitungszeit benötigen kann, als andere Spielabende. Das kommt vor allem darauf an, wie gut ein Abenteuer zur Spielrunde passt und wie viel Vorbereitung der SL sonst in die Spielabende steckt. Startet er das Spiel normalerweise mit nur zwei Stichwörtern in der Tasche, so ist bereits das Lesen des Abenteuers ein größerer Vorbereitungsaufwand als gewohnt. Passt das Abenteuer so gut in die Spielrunde, dass es nach dem ersten Lesen gleich benutzt werden kann, so sinkt für gewöhnlich der Aufwand.
Der größte Fehler ist, ein Kaufabenteuer grundlos als unumstößliche Vorgabe zu behandeln. Im Spiel sollte der SL nicht anders reagieren als normalerweise: Er sollte mit seinen Spielern spielen, flexibel reagieren, ja sagen. Dann weicht das Spiel zwar eventuell vom Abenteuertext ab, aber ist das schlimm?
Aber im Abenteuer soll eine bestimmte Geschichte nachgespielt werden und die Spieler brechen aus!
Das ist in der Tat ein Problem; das hat eigentlich nichts mit Kaufabenteuern zu tun, denn die Spieler würden wahrscheinlich auch aus einem selbst ausgedachten Abenteuer ausbrechen. Bei dieser Frage geht es mehr um das Dilemma: Wie greife ich als Spielleiter in die Entscheidungsfreiheit der Spieler ein, ohne dass sie es merken? Dies wäre ein Betrug an den Mitspielern und wird von so manchem Spieler übel genommen, wenn das auffliegt. Wie bereits in Kapitel 2 beschrieben: Der Spielleiter sollte den Einsatz dieser Techniken vorher mit den Spielern abklären! Sind diese damit nicht einverstanden, so sollte er das Abenteuerbuch wieder ins Regal stellen.